Es war einmal ein edler und selbstloser Uploader …

Von den Nutzern gewisser Plattformen wird der Download illegaler Inhalte gerne als eine Art coole Subkultur verbrämt. 
Dass man letztendlich denen damit schadet, deren geistiges Eigentum man sich aneignet, wird mit den abenteuerlichsten Gründen gerechtfertigt, die so weit von der Realität entfernt sind, dass man davon ausgehen kann, dass diese Leute in einer Art Paralleluniversum leben.
Ebenfalls blendet man aus, dass man lieber kriminelle Strukturen finanziert, als die Mühsal auf sich zu nehmen, in einem bequemen eBook-Shop einzukaufen oder eine Flatrate zu buchen. 
Auch wird immer gerne die Mär vom armen Hartz IV-Empfänger als Rechtfertigung für illegale Downloads hervorgeholt, der schließlich ein »Recht auf Kultur« hat. 
Dem kann ich tatsächlich zustimmen und der Staat tut dies auch. Aus diesem Grund gibt es Öffentliche Büchereien und die Onleihe, die für Hartz IV-Empfänger und für Menschen mit geringem Einkommen einen reduzierten Beitrag anbietet. Autoren, deren Bücher über die Bücherhallen ausgeliehen werden können, bekommen dafür übrigens einen wenn auch geringen Betrag über die VG-Wort ausgezahlt.

Dass Autoren, insbesondere Self Publisher, keinerlei Nutzen aus ihren piratierten eBooks ziehen, sollte sattsam bekannt sein. Auch dass sich die Einkommensverluste auf 30% oder noch mehr belaufen, wenn eine Neuerscheinung innerhalb weniger Stunden auf den illegalen Seiten auftaucht, wurde oft genug gesagt und dokumentiert. 
Was fehlt, ist allerdings eine Auflistung, wer tatsächlich an eBook-Piraterie verdient und wie viel. Dazu befragte ich Andreas Kaspar von CounterFights Anti-Piracy.

F: Herr Kaspar, wie sieht es aus mit den Uploadern, die selbstlos ackern, um kostenlose e-Books zu armen Hartz IV-Empfängern, mittellosen Rentnern und Studenten zu bringen – sind das wirklich Überzeugungstäter oder wird hier Cash gemacht?

Kaspar Andreas: Ein Teil der Täter, mit denen wir es zu tun haben, verbreitet die E-Book-Kopien über Downloadanbieter, welche keine Vergütungen an die Uploader anbieten. Bei diesen Tätern steht das schnelle und kostenlose „Tauschen“ der E-Book-Dateien im Vordergrund. Ein Großteil der Täter nutzt jedoch Downloadanbieter wie die Filehoster uploaded.net, oboom.com oder rapidgator.net, welche unterschiedliche Partnerprogramme für die Uploader anbieten. Mittels dieser Partnerprogramme verdienen diese Täter echtes Geld an der illegalen Verbreitung der Dateien.

Der Filehoster uploaded.net vergütet 1000 Downloads aus der Kategorie GOLD mit 8,00 Euro (Stand 20.01.2017). Am 23.08.2012 lag die Vergütung bei 10,00 Euro.  (Quelle: CounterFights CounterFights Anti-Piracy)
Eine der Grundbedingung für die Download-Vergütungen bei dem Filehoster uploaded.net ist eine
Mindestgröße der Dateien von 3 MB. Bei dem Filehoster share-online.biz liegt die Dateimindestgröße für eine Vergütung nach dem dortigen Punktesystem bei 10 MB. (Quelle: CounterFights CounterFights Anti-Piracy)
Neben der Anwerbung neuer Premiumkunden, welche durch die Dateien des jeweiligen Besitzers
angeworben wurden, findet auch eine Vergütung nach der Anzahl der heruntergeladenen Dateien
statt. (Quelle: CounterFights CounterFights Anti-Piracy)



F: Was verdienen eigentlich die Hoster?

A.K.: In der Regel kann ein einfacher Nutzer eines Filehosters eine Datei kostenlos herunterladen. Solche „Gast“-Zugriffe haben jedoch eine Reihe von Einschränkungen, wie z.B. eine geringe Downloadgeschwindigkeit, eine geringe Anzahl von gleichzeitigen Downloads oder dass nur eine bestimmte Anzahl von Dateien innerhalb von einer Stunde heruntergeladen werden kann. Um solche Einschränkungen aufzuheben, bieten die meisten Filehoster kostenpflichtige Premiumkonten an. Je mehr Premiumkonten also ein Filehoster verkaufen kann, desto mehr Geld verdient er. Ein Uploader erhält durch die Anwerbung von neuen Premiumnutzern eine zweistellige prozentuale Beteiligung an dem gezahlten Geld, den der neu geworbene Nutzer bringt. Bei der ersten Bestellung können das 60 Prozent oder mehr sein, bei jeder Folgebestellung bis zu 50 Prozent.

F: Die Uploader kassieren also mehrfach – einmal für jeden Download, dazu noch für die Vermittlung von Kunden und dann noch einmal, wenn diese Kunden ihr Abonnement bei dem betreffenden Hoster verlängern?

A.K.: Genau. Je öfter eine Datei heruntergeladen wird, desto mehr Geld verdient der Uploader damit.
Wenn ein Gast-Downloader sich dann entscheidet, ein Premiumkonto zu kaufen, verdient der Uploader damit Geld. Wenn der neue Premiumnutzer weiterhin bei dem Filehoster bleibt und immer wieder Geld für das Premiumkonto zahlt, verdient der ursprüngliche Uploader weiterhin mit.
Somit haben viele Täter den Anreiz, nicht nur eine hohe Anzahl von E-Book Werken zur Verfügung zu stellen, sondern laden diese Dateien auch immer wieder hoch. Schließlich sollen die Downloader solange wie möglich bei dem gleichen Filehoster bleiben.


F: Was kommt da so im Monat zusammen, wenn man z.B. die Zahl der hochgeladenen Titel von Darkmon ansieht, der ja mit Ihrer Hilfe vor einigen Monaten überführt werden konnte?

A.K.: Bei „Darkmon“ handelte es sich um einen Schwerpunkttäter, welcher nach unseren Schätzungen seit 2012 zwischen 8 und 10 Millionen Downloads von E-Book-Dateien generierte. Allein durch die Downloadvergütungen sind so zwischen 50.000 und 70.000 Euro umgesetzt worden. Nach unseren Erkenntnissen aus anderen Verfahren gehen wir davon aus, dass die Vergütungen durch die Anwerbungen neuer Premiumkonten und die Folgeprovisionen das 4 bis 5-fache der Downloadvergütungen betragenen. Der Täter „Darkmon“ kommt also nach unserer Einschätzung auf einen Verdienst von etwa 300.000 Euro durch die Verbreitung der E-Book-Kopien und dies in einem Zeitraum von ca. 5 Jahren. 

F: Was sagt der Gesetzgeber? Hier liegen doch gleich mehrere Vergehen vor: Urheberrechtsverletzung, Steuerbetrug, eventuell Sozialbetrug?

A.K.: Nach meiner Meinung gibt es in Deutschland bereits ausreichend umfassende Gesetze, um gegen solche kriminellen Machenschaften vorgehen zu können. Was ich jedoch oft feststelle, ist ein erheblicher Mangel an Strafverfolgungswillen durch die staatlichen Organe. Die Urheberrechtsverletzungen werden oftmals als kleinkriminelle Tathandlungen abgestempelt. Ich habe auch sehr oft den Eindruck, dass viele Ermittlungsbehörden noch immer nicht im digitalen Zeitalter angekommen sind und wenige Kompetenzen in der Bekämpfung der Cyberkriminalität aufweisen. Selbst wenn ein oder mehrere Täter dann identifiziert sind, dauert es im schlimmsten Fall mehrere Jahre, bis Strafbefehle an die Beschuldigten rausgehen. 

Frage: Nach den Ermittlungserfolgen der vergangenen Monate, wird da die Luft jetzt dünner für die Hoster und Uploader? Was erwarten Sie für die Zukunft, müssen sich auch die Nutzer warm anziehen? Nach dem Takedown von lul.to haben ja mehrere Verlage und Autoren Anzeige erstattet.

A.K.: Die Filehoster stehen seit Jahren unter mehr oder weniger rechtlichem Druck durch zivilrechtliche Verfahren. Aufgrund dieses Drucks sperrt seit einigen Monaten der Filehoster uploaded.net die Premiumkonten von Uploadern, die wiederholt rechtsverletzende Dateien hochgeladen und veröffentlicht hatten. Mit diesen Kontenlöschungen haben eine Vielzahl von Schwerpunkttätern nicht nur ihre illegalen Dateien, sondern auch eine hohe Anzahl von damit verdientem Geld verloren. Zusätzlich zeigen die Ermittlungserfolge im Sommer dieses Jahres, dass auch Schwerpunkttäter wie „Darkmon“ oder die Betreiber von Portalen wie lul.to identifizierbar sind.

Im Moment haben wir es mit einer sehr hohen Dynamik in der E-Book-Piraterieszene zu tun. In einigen Piraterieportalen haben mehr Nutzer angefangen, illegale Dateien hochzuladen. Viele ältere Schwerpunkttäter haben dagegen aufgegeben oder pausieren zurzeit. Andere Täter probieren bei alternativen Filehostern aus, wie hoch dort die Umsätze werden können. Durch den Wegfall von lul.to können wir definitiv eine höhere Anzahl von Suchanfragen nach E-Books in den bisherigen Piraterieportalen feststellen.

Inwieweit die reinen Nutzer solcher Portale rechtlich belangbar sind, kann ich nicht beurteilen. Ich finde es jedoch sehr gut, dass mehr Verlage und Autoren bereit sind, auch die strafrechtlichen Wege zu gehen. Nur durch eine Vielzahl von Strafanzeigen bekommen die staatlichen Behörden mit, dass es sich bei den massenweisen illegalen Uploads und Downloads von E-Book Dateien um Urheberrechtsverletzungen handelt, die im Einzelnen genommen vielleicht nur kleinkriminell aussehen, als gesamte Summe jedoch für die Autoren und Verlage einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen.

Vielen Dank für das Gespräch.



Kommentare

Steffie-Cel hat gesagt…
Toller Artikel!
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